Gastbeitrag von Birgit Kieschnick zu dem Artikel in der SZ vom 16.02.2018 zu den Ausfällen der AfD und der geäußerten Empörung durch Ministerpräsident Kretschmer.
Es lohnt sich, dazu den französischen Vordenker der Neuen Rechten Alain de Benoist zu zitieren – sein Buch ist erschienen unter dem kämpferischen Titel: „Kulturrevolution von rechts“.
Benoist entwickelte in den frühen 80ern eine diskursive Strategie, die die deutschen Kulturrevolutionäre der Neuen Rechten sich heute begeistert aneignen: „Der Staat“, schreibt er, „kann den Besitz von Waffen oder die Verwendung von Sprengstoff verbieten, aber kann nur sehr schwer, ohne das Prinzip der freien Meinungsäußerung anzutasten, die Verbreitung eines Buches oder die Aufführung eines Schauspiels verbieten, die jedoch, wenn es darauf ankommt, Waffen darstellen können, die gegen ihn gerichtet werden“. Was Benoist meint: Besteht auf Eurem Recht, öffentlich Eure Meinung zu sagen – solang, bis es euren liberalen Gegnern zu viel wird – und sie ihre eigenen Wertvorstellungen aufgeben müssen. Kurzum: Lasst das System an sich selbst zugrunde gehen. (entnommen einem Beitrag im DLF von Kolja Mensing)
Nun beobachten wir allerorten die Verunsicherung. Wie gehe ich um mit den sektenartigen Strukturen von „Reichsbürgern“ über Querfrontstrukturen in der Friedensbewegung bis zur AfD?
Unser Ministerpräsident erkennt sehr wohl das „Krebsgeschwür“ der antisemitischen Verschwörungstheorien – was aber kann der Staat tun?
Nicht viel! Denn es ist eben nicht zuerst Aufgabe des demokratischen Staates, sondern Aufgabe der Zivilgesellschaft zu widersprechen!
Was aber, wenn genau die Anhänger der Neuen Rechten sich selbst als „die wahre Zivilgesellschaft“ aufspielen in ihrer heute vermeintlich herrschenden Diktatur? Sie sind ja die Träger von „Geheimwissen“ und haben die „Wahrheit“ erkannt. Unter anderem die Wahrheit, dass unser Staat gar nicht existiert bzw. wenigstens nicht souverän ist.
Es bleibt uns nur der Versuch aufzuklären und auch Menschen, welche nur noch Russia Today schauen, klar zu machen, dass sie eben hier und heute in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung leben – und sie können ja sagen, was sie denken! Sie tun es ja auch auf der Straße und das sehr laut. Was übrigens im von ihnen verehrten Russland nicht mehr so einfach möglich ist. Propaganda wirkt eben sehr gut und verhindert klare Gedankengänge zusehens.
In Österreich wurde ein „Staatsfeinde-Paragraph“ wegen den Umtrieben der „Reichsbürger“ eingeführt. Die Meinung der „Reichsbürger“ wird also mit Strafen belegt. Dieser Paragraph stellt meiner Meinung nach ein Problem dar, weil er ja eben die Meinungsfreiheit aller bedroht!
Wenn dann ein „Machtwechsel“ eintritt und dieser Paragraph anders ausgelegt wird – was dann? Oder es werden vielleicht Bürger, welche gegen die Vergrößerung eines Steinbruches oder die Abholzung eines Waldes demonstrieren zu Staatsfeinden erklärt…
Also mein Fazit: Es beschneidet niemandes Meinungsfreiheit, wenn eine Kommune oder eine Landkreis bzw. die Veranstalter der Buchmesse, Auftritte untersagen, welche sich klar gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung richten! Das verbietet nämlich noch lange nicht die Publikation und Verbreitung dieses gefährlichen Gedankengutes. Wenn aber, wie hier in Bautzen, Reichsbürger-Veranstaltungen für Schüler organisiert wurden, dann geht das klar zu weit, da hilft nur ein ganz klares STOPP!
Ich wünsche mir mehr Menschen, die sich trauen, den Mund aufzumachen. Auch wenn schon gedroht wird mit Abstrafungen nach dem „Machtwechsel“. Die Zukunft, wo diese Menschen hinwollen, ist die Vergangenheit – und das kann nicht funktionieren.
Ich selbst arbeite in einem Bereich, der völlig digitalisiert wurde. Ich weiß um die Unzulänglichkeiten der Systeme. Und ganz ehrlich: Aufgrund dieser Erfahrungen, möchte ich weder von einem Roboter gepflegt werden, noch möchte ich, dass ein Bus ohne Fahrer mich durch die Gegend kutschiert. Ich werde aber, wie so viele andere, meinen Kindern nach einem hoffentlich guten ABI eine gute Ausbildung ermöglichen.
Wer also soll diese wichtigen Jobs einmal machen? Ein Land Sachsen mit einem derartig rechten Image wird es schwer haben, ausländische Fachkräfte zu gewinnen. So viele deutsche Kinder können wir nun wirklich nicht zeugen, dass das alles funktioniert, liebe rechte Freidenker!
Ich hoffe auf eine kluge und umsichtige Politik in meinem Land und auf eine Zivilgesellschaft mit Mut und Visionen für diese Gesellschaft!
Birgit Kieschnick
Engagierte Bautznerin