Gastbeitrag von Michael Beyerlein
Vor etwa 16 Monaten kam ich vom Erzgebirge nach Bautzen. Viele Menschen warnten mich. Wie kannst Du freiwillig in die Oberlausitz gehen? Meine Frau weigerte sich mitzugehen, sie lässt sich sogar scheiden. Aber trotzdem nahm ich das Angebot an. Ich will ja den Kirchen helfen mit den Geflüchteten zurecht zu kommen.
Ich kam in eine Stadt, die mich fasziniert. Ich hatte früher einmal in Straubing als Prediger meinen Dienst getan, einer wundervollen Stadt. Bautzen steht dieser Stadt nicht viel nach. Eine wunderschöne Altstadt, eine herrliche Umgebung, so viele sehenswürdige Städte, Dörfer und tolle Landschaften. Gebirge, Heide, Seen, alles in Reichweite. Bautzen ist immer eine Reise wert.
Aber dann kam die erste Einladung eines Pfarrers. Eine Ordensschwester, die man der rechten Szene zuordnen darf, spricht in einer Kirche. Eingeladen und organisiert von einer Baufirma und angeblich der Kirche. Schon im Vorfeld war die Spannung zu spüren und der Vortrag war nichts Anderes als rassistische Hetze. Während der Veranstaltung quatscht mich der Mann, der neben mir sitzt, dumm an, es war der Geschäftsführer der Baufirma und vorne steht ein Büchertisch, an dem man verschwörungsideologische und rechte Literatur erwerben kann…. Wir, das heißt Hauptamtliche der Landeskirche, stellten natürlich kritische Fragen, aber man merkte schnell woher die Mehrzahl des Publikums kam. Wie war so etwas in einer Kirche möglich? Erst in diesem Jahr verwehrte man dieser Schwester, die gerne mit der AfD auftritt und die auch gerne die AfD Fahne im Fernsehen schwenkt, den Zutritt in die Kirchen im Erzgebirge. Wieso nicht hier? Die Antwort kam ein paar Tage später, als man beim Friedensgebet in derselben Kirche, von der Kanzel verkündigte, dass die Kritiker, die diese „liebe Schwester“ kritisch sahen, die Zerstörer der Evangelischen Kirche seien. Da wusste ich Bescheid.
Das Schlimme ist aber, das man es duldete, niemand trat diesen Pfarrer entgegen. Rechte in der Kirche? „Lieber Bruder Beyerlein, das muss man aushalten.“ Aber den Mitarbeitern, die noch für christliche Werte einstehen, den Rücken stärken, Fehlanzeige!
Für mich als Neuankömmling in der Oberlausitz war es dann erschreckend einmal zu recherchieren, wie die Vernetzung bei den Rechten hier sind. Und ich fragte mich warum man hier schwieg. Sicher ist einer der größten Steuerzahler von Sachsen dabei, sicherlich ein Verein, der sich evangelisch nennt und viele Andere. Aber soll man deshalb schweigen? Ist man, wenn man das anspricht, gleich „linksversifft“?
Im Laufe der letzten Monate kam noch viel mehr zutage: Werbung für den Bundesstaat Sachsen, Werbung für den Sektierer Ivo Sasek, dessen Sekte den Holocaust ableugnet und noch mehr. AfD Erfolge brachten die Oberlausitz wieder bundesweit in die Schlagzeilen. Ostritz, die Weltpresse war zu Gast, vielleicht um gewalttätige Auseinandersetzungen zu erleben, die aber, Gott sei Dank, nicht stattfanden.
Ist die Oberlausitz jetzt nur noch braun??
Ein klares NEIN! Nur man duldet zu viel. Man erhebt nicht die Stimme, wenn selbst Geistliche christliche Werte verraten. Man stellt sich nicht vor Menschen, die eigentlich nur Dienst am Nächsten tun und beschimpft und bedroht werden.
Die Oberlausitz wäre eines der schönsten Urlaubsgebiete in Deutschland, das kann ich als ehemaliger Reisebusfahrer sagen. Aber man wehrt sich nicht gegen das Image, das rechte Gruppierungen hier prägen.
Es wird geschwiegen, geduldet und eigentlich sind ja die Geflüchteten schuld. Nur das sind sie nicht. Eigentlich ist die Oberlausitz ein buntes Land, wo sonst gibt es ein friedliches Zusammenleben zwischen verschiedenen Kulturen, Lausitzer, Sorben, Polen, Tschechen und ich als Franke auch noch da. Wo sonst gibt es zweisprachige Straßenschilder? Ich finde das toll. Akzeptanz einer anderen Volksgruppe!
Ich werde die Lausitz wahrscheinlich bald wieder verlassen, aber in guter Erinnerung behalten. Und ich wünsche mir, dass bald mehr Menschen den Mund aufmachen, wenn Wände verunstaltet werden. Wenn Menschen angegriffen werden. Wenn Rassismus in Kirchen Einzug hält.
Wir sollten nach vorne schauen und nicht die Vergangenheit wieder zurückholen. Und wenn man schon vom christlichen Abendland spricht, sollte man christliche Werte nicht vergessen:
Menschlichkeit, Nächstenliebe und Gastfreundschaft